Schalungstechnik Brückenbau

Wirtschaftsfaktor Verkehrsinfrastruktur

Für Deutschland als zentrale Drehscheibe des europäischen Güterverkehrs mit seiner extrem exportabhängigen Volkswirtschaft ist die Dichte, Qualität und der Zustand der Verkehrsinfrastruktur essentiell. So ist 2016 in Deutschland die gigantische Summe von 659,9 Milliarden Tonnenkilometer an Fracht per Schiff, Bahn und Lkw transportiert worden. Mit knapp 70 % erzielte dabei der Transport auf der Straße einen Anteil von 474 Milliarden Tonnenkilometer.

Diese Zahlen verdeutlichen, welche Ansprüche und Belastungen alleine das deutsche Straßennetz zu bewältigen hat. Innerhalb dieser Verkehrsnetze für LKW und Bahn nehmen Tunnel und Brücken eine Schlüsselposition ein: sowohl in ihrer Funktion als durch- und überquerende Bauwerke als auch in der Komplexität ihres ingenieurtechnischen Anspruchs.

Status Quo der Brückenbautechnik

In der hochverdichteten westeuropäischen Baulandschaft gehören die Instandsetzung und der Ersatzneubau von Brücken zu den dringlichsten Aufgaben. So gehen Schätzungen für Deutschland von einem Gesamtbestand von ca. 120.000 Brücken aus. Vor allem im Bereich der Bundesfernstraßen und Autobahnen weisen viele Brücken die bautypischen Defizite der 1960er bis 1980er Jahre auf – zum Beispiel zu feingliedrige Konstruktionen oder zu wenig verdichtete bzw. nachbehandelte Betone.

Gleichzeitig sind und waren die heutigen Bestandsbrücken Einwirkungen und Belastungen ausgesetzt, die zum Zeitpunkt ihrer Planung nicht vorhersehbar waren: stark steigende Verkehrs- und Achslasten, aggressive Schadstoffe in Wasser und Luft, hohe Chloridbelastung durch den intensiven Einsatz von Tausalz. Bewehrungskorrosion, Abplatzungen und die fortschreitende Zerstörung des Betonkörpers gefährden dann im Einzelfall die Standsicherheit dieser Brücken. Eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik geht davon aus, dass bis 2030 bundesweit über 10.000 kommunale Straßenbrücken (entspricht 15% des Gesamtbestandes) ersetzt werden müssen.

PERI: Schalung, Gerüst, Engineering im Gleichgewicht

Die immer noch anzutreffende Definition, die bei Schalungen und Gerüsten von Bauhilfskonstruktionen spricht, hat sich nach dem heutigen technischen Stand überlebt. Vor allem im konstruktiven Hoch und Ingenieurbau sind die Selbstkletterschalungen oder Tunnel- und Brückenschalwagen von PERI komplexe anlagentechnische Produktionswerkzeuge. Sie können selbsttätig alle Schal-, Verfahr- und Klettervorgänge pro Betonierabschnitt ausführen – unabhängig davon, ob die Bauwerksachsen bei einer Brücke horizontal, vertikal, geneigt oder gekrümmt ausgerichtet sind. 

Diese Systemtechnik ist in den einzigartigen Wissens- und Erfahrungspool des PERI Engineering eingebunden. Über 1.300 Projekt- und Anwendungsingenieure beraten, entwickeln und koordinieren weltweit für Bauunternehmen Schalungs- und Gerüstlösungen – immer im engen Verbund mit den Brückenbauspezialisten aus der Geologie, Verkehrs- und Tragwerksplanung oder der Beton- und Stahltechnologie.

PERI Engineering im Brückenbau

Zuordnung der Engineering-Services in die verschiedenen Projektphasen.

Grundlagen des Brückenbaus

Materialtechnik und Konstruktion

In den 1960er bis 1980er Jahren galt Beton – vor allem in der Verbundkonstruktion des Stahl- und Spannbetons – als unproblematischer, unverwüstlicher Universalbaustoff. Diese Einschätzung hat zu Problemen bei der Standfestigkeit und Dauerhaftigkeit von Betonbauten geführt, da bestimmte werkstoffspezifische und baukonstruktive Zusammenhänge beim Stahl- und Spannbeton noch nicht erforscht oder genügend bekannt waren.

In der Folgezeit sind durch Neuentwicklungen in der Zement-, Betonzusatzmittel- und Stahltechnologie hochfeste Betone und Stähle entstanden, die den Verbundbaustoff Beton in seiner Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit wesentlich verbessert haben. Dieser Zugewinn an neuen Erkenntnissen aber blieb nicht nur auf die Werkstoffe begrenzt. Durch enorme Leistungssprünge in der Hardware – und Softwareentwicklung verfügt heute die Konstruktion und Planung über eine Vielzahl an Hochleistungsprogrammen für die Bemessung, die Simulation und das Monitoring von Brückenbauwerken.

Tragwerke, Querschnitte und Projektbeispiele

Brückenbauwerke werden nach unterschiedlichen Aspekten unterteilt: Zum Beispiel nach ihrer geografischen Lage in Fluss-, Tal- und Hangbrücken oder nach ihrem Baumaterial in Beton-, Stahl-, Holz- und Verbundbrücken. Bei der baukonstruktiven Betrachtung stehen die Tragwerks- / Überbauquerschnitte und die Bauteilgruppen im Vordergrund.

Die Tragwerke werden generell unterschieden nach:

  • Balkenbrücken
  • Bogenbrücken
  • Hänge- / Schrägseilbrücken

Die Querschnitte des Überbaus sind unterteilt in:

  • Massivplatten
  • Plattenbalken
  • Hohlkasten
  • Trog

Die Bauteile einer Brücke werden in Unterbau, Überbau und Ausrüstung aufgeteilt. Welche der beschriebenen Tragwerke und Überbau-Querschnitte zum Zug kommen, hängt ab von Faktoren wie Länge, Spannweite, Werkstoffe, Nutzungsart, Verkehrslasten und den topografischen und geologischen Rahmenbedingungen.

PERI Lösungen für den Brückenüberbau und Projektbeispiele

Generell werden Brücken nach ihrem Bauprinzip in Ortbetonbrücken, Fertigteil- und Segmentbrücken aufgeteilt. Bei den Ortbetonbrücken werden vier Bauweisen unterschieden:

  • das Bauen mit Lehrgerüst
  • das Bauen mit Vorschubrüstung
  • das Bauen im Taktschiebeverfahren
  • das Bauen mit Freivorbau

Lehrgerüst

Dieses Verfahren eignet sich für Brückenbauwerke mit geringer Bauhöhe und freiem Zugang zu der Unterseite der Brücke. Je nach Ebenheit des Geländes kann das Lehrgerüst ortsfest oder verfahrbar aufgebaut werden. Die Belastungen aus der Tragwerksschalung werden über das Lehrgerüst in den Baugrund eingeleitet. Die Gerüstkonstruktionen bestehen weitgehend entweder aus Flächenrüstungen oder den Rüstbindern.

Vorschubrüstung

Dieses Verfahren eignet sich für Brückenbauwerke mit großen Pfeilerhöhen und schwer zugänglicher Brückenunterseite. Die Vorschubrüstung zählt zu den freitragenden Schalungs- und Gerüstsystemen. Nach dem abschnittsweisen Betonieren erfolgt das Umsetzen des Gerüstes in der Längsachse mit verschiebbaren Rüstträgern – ohne eine zusätzliche Unterstützung zwischen den Brückenpfeilern. Die Belastungen aus der Tragwerksschalung werden von der Vorschubrüstung aufgenommen und an die Pfeiler eines Brückenfeldes weitergeleitet.

Taktschiebeverfahren

Bei diesem Verfahren sind große Stützweiten möglich bei einer hohen Wirtschaftlichkeit durch gleichförmige Arbeitsabläufe. Der Überbau wird abschnittsweise in einer hinter der Brücke liegenden Feldfabrik stationär hergestellt. Nach der Fertigung eines neuen Brückenabschnitts wird dieser hydraulisch angehoben in Richtung der Längsachse verschoben, bis der Vorbauschnabel auf dem Absetzsattel der Stützen sicher aufliegt.

Freivorbau

Das Verfahren des Freivorbaus eignet sich für Brückenbauwerke mit großen Spannweiten und bei schwieriger Topografie – zum Beispiel beim Überqueren von Gewässern, Taleinschnitten etc. Beim Freivorbau wird der Überbau von den Pfeilern aus nach dem Waagebalkenprinz symmetrisch hergestellt. Auf beiden Seiten des Pfeilers befindet sich daher ein Vorbauwagen, der über eine Kragarmkonstruktion die Schalung und Rüstung in den nächsten Betonierabschnitt bewegt. Dort wird an beiden frei auskragenden Bauteilenden der nächstfolgende Bauabschnitt angefügt.

PERI Systemlösungen für den Brückenbau

VARIOKIT Ingenieurbaukasten als Basis

Alle PERI Brückenlösungen basieren auf einem einzigen System, dem VARIOKIT Ingenieurbaukasten, der projektbezogen auch mietbar ist. VARIOKIT kann unterschiedlichste Tragwerkskonstruktionen ausbilden, zum Beispiel Fachwerke oder Traggerüsttürme. Gleichzeitig ist der Ingenieurbaukasten auch die Basis für alle Arten von Schalungsverfahren – von der Gesimskappenkonsole, Freivorbau, Stahlverbundwagen bis zur Kletterschalung. Mit elektrischen und hydraulischen Komponenten ist der VARIOKIT Ingenieurbaukasten um maschinelle Funktionen erweiterbar, die das selbsttätige Heben, Senken, Verfahren, Klettern und Ein- und Ausschalen der Schalungselemente ermöglichen.

Mit nur drei Kernbauteilen – dem Stahlriegel SRU, der Kletterschiene RCS, der Schwerlastspindel SLS – können mit einem Minimum an Verbindungs- und Sicherungsmitteln ca. 80 % aller Schwerlasttragwerke aufgebaut werden. Weitere 15 % sind ebenfalls Systembauteile aus dem VARIOKIT Ingenieurbaukasten; die restlichen 5 % projektspezifische Sonderbauteile. Dieses konsequent vereinfachte Bauprinzip des VARIOKIT Ingenieurbaukasten ermöglicht eine hohen Sicherheits- und Geschwindigkeitsvorteil – sowohl im Aufbau als auch im Einsatz auf der Baustelle.

Ein weiterer entscheidender Systemvorteil von VARIOKIT liegt in der Kombinierbarkeit mit dem Arbeits-, Schutz- und Traggerüstsystem PERI UP. Beide Systeme beruhen auf der metrischen Maßordnung des Hochbaus mit einem Aufbauraster von 12,5, 25 und 50 cm und sind deshalb miteinander vollständig kompatibel.